Ann-Kathrin Bekommt Hunger auf Mehr – Fütterungsproblematik mit gleichzeitig motorischen Einschränkungen

Ann-Kathrin (2) und das Essen: Ob die zwei noch mal Freunde werden? Trotz einer ausgeprägten Fütterungsproblematik sieht es inzwischen danach aus. Mit der Zeit hat Ann-Kathrin gelernt, von Breikost und püriertem Essen auf festere Nahrungsmittel umzusteigen. Heute kann sie Melone, Kräcker und einiges mehr essen.

Die Mengen, die sie zu sich nimmt, sind sehr klein. Nichts isst sie mit der für uns gewohnten Selbstverständlichkeit. Aber sie hat bereits gute Fortschritte gemacht: Kauen und schlucken klappen mittlerweile prima. Die Hauptprobleme sind zur Zeit, dass sie Angst davor hat, sich zu verschlucken, und die fehlende Lust am Essen.

Natürlich hat auch Ann-Kathrin Hunger, doch sie spürt ihn nicht. Die Therapie hilft ihr – und ihren Eltern – den Hunger zu erkennen.
Mit Ann-Kathrin arbeiten wir zudem an weiteren Themen: Sie wirkt sehr zart und kann ihre Kraft nicht immer adäquat einsetzen. In schwierigen Situationen verliert sie das Gleichgewicht, denn trotz einer aktiven Aufrichtung reicht ihre Körperspannung nicht aus. Ihr Bewegungsfluss erscheint nicht ganz rund und das Laufbild ist etwas staksig. In nicht alltäglichen Situationen und insbesondere, wenn sie müde ist, kann sie sich schwer von ihren Eltern lösen. Doch Ann-Kathrin gibt nicht auf. Seit Neustem nimmt sie motorische Angebote freudig wahr. Sie rutscht, klettert und schaukelt gerne. Sie gewinnt dabei Vertrauen in sich selbst und verliert ihre Unsicherheit.

Sprachlich kann sie sich recht gut verständlich machen, wenn auch meist leise, manchmal weinerlich. Das Sprachbild ist noch nicht deutlich. Ihr Sprachverständnis ist sehr gut. Mit anderen Kindern kann sie auch nonverbal kommunizieren. Ihre bevorzugten Kanäle sind bislang die Augen und Ohren. Ann-Kathrin hat eine hohe Sensibilität. Gleichgewichtsreize liebt sie, propriozeptive Reize nicht so sehr. Daran arbeiten wir und mit jedem Mal kommt sie ein Stückchen weiter.

Wir haben mit ihren Eltern klare Ziele Für die Therapie definiert:

  • die erworbenen Fähigkeiten sichern
  • Bewegungsabläufe verbessern
  • Ausdauer und Kraft erhöhen
  • Propriozeptive Reize akzeptieren und integrieren
  • für das Essen mehr taktile Reize einsetzen
  • Appetit entwickeln
  • Freude am Essen gewinnen

Cem geht an seine Grenzen. Und darüber Hinaus. – Syndromerkrankung

Gehen, sprechen, essen – alles, was uns leicht fällt, fällt dem zweijährigen Cem schwer. Diese Auffälligkeiten gibt es schon länger, und zudem sah Cem von seiner Geburt an etwas anders aus. Nun gibt es eine Diagnose – sie ist noch unspezifisch, aber immerhin hat sie einen Namen: Syndrom.

Ein „Syndrom“ ist eine Kombination von verschiedenen Krankheitszeichen (Symptomen). Die Bezeichnung Syndrom ist nur ein Beschreibung, ein Name für eine Erkrankung, deren Ursache nicht immer geklärt werden kann. Auf Anraten der Ärzte wenden sich Cems Eltern an uns. Mit Cem soll physiotherapeutisch gearbeitet werden – an seinem sehr unsicheren Gang, der niedrigen Körperspannung, der fehlenden Sprache und den Essproblemen. Cems Eltern können sich unter der Physiotherapie für ihren Sohn noch nicht viel vorstellen. Beim ersten Treffen stehen den Eltern Ratlosigkeit und auch ein wenig Skepsis ins Gesicht geschrieben. Cem selbst wirkt munter und erkundet auf dem Arm des Vaters neugierig die fremde Umgebung.

Wie fangen wir an? Zunächst lernen sich Familie und Therapeutin kennen. In einer ruhigen, kindgerechten Atmosphäre stellen sich beide Seiten mit ihrem Anliegen vor. Die Therapeutin erhält nebenbei schon einen ersten Eindruck von Cem, der noch gar nicht im Fokus steht, sondern sich im Therapieraum umsehen und alles ausprobieren darf. Vorsichtige und respektvolle Annäherung bestimmt die erste Therapieeinheit.

Allmählich entspannen sich Eltern und Kind und es entwickelt sich ein Gespräch, in dem die Eltern ihre Geschichte mit Cem erzählen. Die Therapeutin fragt: Wann und von wem wurde erstmals eine Auffälligkeit beobachtet? Fällt den Eltern etwas auf an ihrem Kind? Sind sie glücklich mit Cem oder gibt es Nöte, Sorgen, Wünsche? Soll in ihren Augen etwas besser werden bei ihrem Sohn? Oder kommen sie nur, weil der Arzt sie schickt? Welchen Wunsch haben sie an die Therapeutin? Welches Ziel soll vereinbart werden, kurzfristig oder auch langfristig? Während des Gesprächs beobachtet die Physiotherapeutin den kleinen Cem in seinem Verhalten, seinem Spiel, seine Motorik, die Kommunikation mit seinen Eltern und mit ihr, der noch fremden Person.

Die genannten Bereiche gehören alle zu unserer Arbeit mit Kindern: Den Menschen als Einheit in seiner geistigen, seelischen und körperlichen Entwicklung zu sehen, ist eine Kernaussage in der Bobath-Therapie. Alle beschriebenen Teilbereiche sind in der kindlichen Entwicklung untrennbar miteinander verbunden und das berücksichtigen wir in der Therapie. Ruhig und unaufgeregt verschafft sich die Physiotherapeutin nun einen differenzierten Eindruck von Cem. In Gegenwart seiner Eltern fühlt er sich sicher und kann sich auf eine direkte Interaktion mit der Therapeutin einlassen. Nach der Befunderhebung erklärt sie den Eltern die Ergebnisse und die sich daraus ableitenden Ziele für die Therapie. Sie erläutert das Vorgehen für den gemeinsamen zukünftigen Therapieweg, auf dem die Eltern als Co-Therapeuten angeleitet und mitgenommen werden.

In der nächsten Therapieeinheit geht es dann schon richtig zu Sache. Cem erkundet neugierig den speziell für ihn vorbereiteten Therapieraum und experimentiert mit Spielzeug und Geräten. Die Therapeutin macht nicht viele Worte, sie gibt keine konkreten Anweisungen. Stattdessen schafft sie einen Rahmen, in dem Cem ganz selbstverständlich zu agieren beginnt, aus der eigenen Motivation heraus. Die Raumgestaltung soll ihn an seine motorische Leistungsgrenze führen und an genau dieser soll er dann mit großer Lust arbeiten. Das Können des Kindes in den Vordergrund zu stellen und von dieser Stufe aus weiterzuarbeiten, ist zentrales Anliegen im Bobath-Konzept. Die Therapeutin hat den Boden uneben gestaltet und in der Mitte des Raumes hängt eine knallrote, große Tellerschaukel, vollgepackt mit bunten Bällen. Sofort möchte Cem zur Schaukel. Dafür muss er einige Hindernisse in Form von dicken Polstern und Säcken überwinden. Das kann er unmöglich im aufrechten Gang schaffen, also lässt Cem sich auf alle Viere fallen und krabbelt – das ist schon ein erstes Training für den Rumpf, und Rumpfstabilität braucht Cem für ein sicheres Gehen auf zwei Beinen. In der Mitte angekommen, widmet er sich dem Wegräumen der Bälle. Ausdauernd arbeitet er Ball für Ball beiseite, immer wieder seine Positionen verändernd, von der Krabbelposition in den Kniestand, um beide Hände für den Ball frei zu haben und wieder zurück. Zwischendurch plumpst er zur Seite, muss sich erneut aufrichten und positionieren. Solange die Aufgabe spannend ist, bleibt er dabei. Bei dieser Tätigkeit absolviert Cem aus eigener Motivation unzählige Positions-wechsel, Muskelkontraktionen, Koordinations- und Gleichgewichtsübungen. Dann hat er es endlich geschafft: Die Schaukel ist freigeräumt.

Er stellt sich der nächsten Herausforderung: Rauf da! Mehrere Versuche scheitern, es fehlt ihm die rechte Idee zur Bewegungsabfolge. Cem ärgert sich und meckert. Erst jetzt schaltet sich die Therapeutin ein und bietet ihre Hilfe an. Dazu macht sie eine Gebärde mit ihren Händen, die für „Hilfe“ steht. Diese wird sie fortan immer benutzen, damit Cem lernt, wie er um Hilfe bitten kann. Gesten und Gebärden können für ein Kind eine erste Kommunikation darstellen, wenn die richtigen Worte noch nicht kommen wollen. Die Therapeutin zeigt Cem einen möglichen Weg auf die Schaukel, indem sie seinen Körper mit ihren Händen führt. Aber sie hilft nur so wenig wie nötig. Eine Bewegung wird nicht dadurch erlernt, indem man sagt, wie es geht, sondern durch das Bewegungsempfinden selbst. Und dann sitzt Cem auf der großen Schaukel und sieht sehr stolz aus: Was für ein arbeitsreicher Weg bis hierhin! Er fühlt, was er geleistet hat. Beim folgenden fröhlichen Schaukeln trainiert er ganz nebenbei wieder Gleichgewicht und Rumpfstabilität. Dann will Cem die Schaukel wieder verlassen und krabbelt fast ohne Hilfe hinunter, kurz sucht er den Blick der Mutter, als wolle er fragen: Hast du das gesehen?

Viele Male wiederholen sich nun die Bewegungsabläufe. Rauf auf die Schaukel, runter von der Schaukel. Motorisches Lernen findet statt. Cem automatisiert die Bewegungsabläufe, die er von nun an bei Bedarf abrufen kann. Das ist das Ziel der Bobath-Therapie: Die bestmögliche Förderung der Entwicklungs- und Lernprozesse, um eine größtmögliche Selbstständigkeit und Mitbestimmung für das Kind zu erreichen. Schließlich verlassen Cem und seine Eltern die Praxis mit neuen Bewegungsimpulsen und Ideen. Zu Hause werden sie mit dem Training fortfahren. Auch wenn dort keine Schaukel von der Decke hängt, können sie doch der Wohnzimmerboden ohne großen Aufwand durch Sofakissen und Decken in eine aufregende, herausfordernde und unebene Spielwiese verwandeln, in der Cem zwischen Spaß und Herausforderung seine Grenzen immer wieder neu ausloten kann.

Jeden Tag ein Biss(chen) besser. – Schluckstörung

Sintje kommt gerne zu uns in die Praxis und meist geht es dann direkt in die Kinderküche, in der kleine Bäckerinnen und Bäcker alles finden, was sie brauchen. Heute werden wir zusammen Kekse backen. Stangenförmige Kekse, die leicht zerfallen. Sintje hat eine nasale Magensonde und wir wollen das Schlucken üben.

Es dauert nicht lange und schon duftet es lecker. Neugierig linst Sintje durch die Ofenscheibe. Sie denkt gar nicht darüber nach, worum es in dieser Stunde eigentlich geht … Wie selbstverständlich probiert sie ihr eigenes Werk und zeigt keinen Widerstand beim Essen. Sie nimmt einen Keks, beißt hinein, spuckt nichts aus, erbricht nicht. So weit, so gut. Ein Schluckvorgang ist jedoch nicht erkennbar. Aber wo ist der Keks hin? Nach einem kurzen Blick wird klar: Sintje bunkert die Nahrung unter der Zunge und in den hinteren Backentaschen. Sintje und ihre Familie haben einen langen Weg hinter sich. Seit ihrer Geburt wird Sintje über eine Magensonde ernährt. In Absprache mit ihren Ärzten bereiten wir sie auf den nächsten Schritt vor: die Entwöhnung von der Sonde. Zwei Jahre lang haben wir zweimal wöchentlich und regelmäßig bei Intensiv-Therapien daran gearbeitet, dass Sintje das Schlucken lernt.

Zunächst ging es darum, den Druck von den Esssituationen zu nehmen. Mit klarer und spielerischer Anleitung schaffte Sintje es schließlich: Jetzt isst sie, ganz allein. Nun wird es noch ein langes Jahr ohne Zwischenfälle dauern, bis die Sonde endlich entfernt werden kann. Wir begleiten Sintje auf ihrem Weg, helfen ihr und nehmen ihren Eltern die Angst davor, dass ihre Tochter ohne die Sonde nicht klarkommen wird. Denn das wird sie – jeden Tag ein bisschen besser.

Therapie mit Wumms. Und Sinn. – Vestibuläre und propriozeptive Unterempfindlichkeit

Björn, 5, lässt es gerne krachen. Er tobt, rennt, hüpft, kraxelt und brüllt für sein Leben gern. Ruhig zu bleiben fällt ihm schwer. In unserer SI-Therapie lernt Björn sich zu konzentrieren. Und sich zu spüren.

Bei motorisch ruhigen, eher kognitiven Aufgaben flitzt Björn zwischendurch wie von der Tarantel gestochen die Rutsche hinauf, rennt wieder hinunter, springt im letzten Moment ab und landet mit einem lauten Knall auf dem Boden – manchmal gekonnt auf den Füßen, aber oft schießt er auch übers Ziel hinaus und stürzt. Das Schwierige an der Situation: Selbst wenn er sich verletzt, tut er sich aufgrund seiner Unterempfindlichkeit selten weh. Darum schulen wir mit speziellen Übungen die Wahrnehmung der Reize.
Für eine Weile eine Position zu halten, ist für Björn kaum möglich. Schnell sagt er dann: „Mir ist langweilig“ oder: „Ich bin müde“. Das ist Björns Art, seine Anstrengung zu verbalisieren. Wenn ihm etwas nicht sofort gelingt, behauptet er, er könne es eben nicht. Dann klettert er lieber nochmal die Sprossenwand hinauf und springt …

Wahrscheinlich wird Björn später mal Stuntman oder Extremsportler. Er hat keine Angst vor Höhe oder Geschwindigkeit und seine Bewegungen wirken harmonisch – wäre alles nur nicht mit so viel Getöse verbunden. Björns Gehirn verarbeitet Informationen anders als andere Gehirne. Man spricht von Über- und Unterempfindlichkeiten für die bestimmten Wahrnehmungsbereiche. Bei Björn handelt es sich um eine propriozeptive und vestibuläre Unterempfindlichkeit. Er braucht sehr deutliche und starke sensorische Informationen, um seinen Körper und dessen Grenzen zu spüren.
Erst wenn die Schaukel schon senkrecht steht, meldet das Gehirn, dass er das Gleichgewicht verlieren könnte. Und dann ist es eben manchmal schon zu spät. Das Gehirn erkennt die Notwendigkeit nicht und sendet keine entsprechenden Befehle an die Muskeln. Die Reaktion zum Gegensteuern bleibt aus. Es muss erst scheppern, bevor Björn merkt, dass da schon die Wand war. Gepaart mit seiner propriozeptiven Unterempfindlichkeit sorgt dies dafür, dass er sich nicht einmal weh tut. Daher kann er die Konsequenzen eines für uns „riskanten“ Verhaltens im Vorweg nicht abschätzen. Unser Ziel ist es, Björn sensibler für Gefahren zu machen und ihm zu helfen, seine Kräfte besser zu dosieren. Kinder wie er haben es im sozialen Umfeld meist nicht leicht, weil sie manchmal andere Kinder anrempeln und irgendwie alles „zu doll“ machen, ohne es zu merken. Zudem müssen sie immer in Bewegung sein. Sind diese Bewegungen zu langsam oder zu wenig, verliert der Körper die benötigte Muskelspannung, das Gehirn fährt herunter. Man kann sich ausmalen, wie schwer es in der Schule wird, wenn Björn 45 Minuten still sitzen soll. Das ist momentan eigentlich undenkbar. Er wird dann wahrscheinlich ständig den Unterricht stören und für ein Verhalten gerügt werden, für das er eigentlich gar nichts kann. Denn sein Körper schreit geradezu nach sensorischen Informationen, die er braucht, um seine Körperspannung aufrecht zu halten und um sich zu spüren.

In der Therapie braucht Björn eine enge Führung. Nur so kann er sich den Herausforderungen stellen, die ihm schwer fallen: zum Beispiel rückwärts balancieren (weil man da nicht rennen kann), voltigieren auf einer hängenden Rolle, Schubkarre laufen oder Seilspringen. Diese Übungen verschaffen Erfolgserlebnisse und steigern die Frustrationstoleranz. Björn bekommt dadurch ein besseres Gefühl für seinen Körper. Dazu gehört zum Beispiel auch, unter einem Haufen großer Sitzsäcke begraben zu werden oder zwischen zwei großen Matten wie die Wurst in einem Hotdog zu verschwinden. Diese Momente genießt Björn sehr. Endlich spürt er seinen Körper. Und dessen Grenzen.

Mit dem Dreirad zum Muskeltraining. – Spinale Muskelatrophie (SMA)

Die dreijährige Yasemin ist ein starkes Kind. Wir kennen sie schon fast ihr ganzes Leben lang. Zwei bis drei Mal in der Woche kommt sie in unsere Praxis und jedes Mal beeindruckt sie uns mit ihrem Willen und ihrer Kraft. Yasemin leidet an einer schweren Muskelerkrankung: Spinale Muskelatrophie (SMA Typ1). Ihr fehlt ein wichtiges Gen im Erbgut, darum kann ihr Körper die so genannten SMA1-Proteine nicht bilden. In der Folge sterben motorische Nervenzellen ab und die Muskulatur verkümmert (Muskelschwund).

Bis vor ein paar Jahren war die Lebenserwartung für Kinder wie Yasemin sehr gering. Aber Yasemin bekommt seit ihrem vierten Lebensmonat ein Medikament, durch das die Nervenzellen erhalten bleiben und die Muskulatur sich entwickeln kann. Yasemin ist ein aufmerksames Kind. Mit großen Augen bewundert sie die neue Weihnachtsdeko, als sie mit ihrem Rollstuhl in die Praxis gefahren wird. Sie zeigt und spricht, freut sich und löchert ihre Mutter mit Fragen. Yasemin will alles wissen. Da sich die Muskelschwäche auch im Gesichtsbereich bemerkbar macht, klingt ihre Sprache noch verwaschen. Ihre Mutter versteht jedoch genau, was Yasemin meint.

Yasemin hat einen niedrigen Muskeltonus, sie verliert leicht das Gleichgewicht. Zum Sitzen benötigt sie ein Korsett. Außerdem sind ein Absauggerät, Fußorthesen und ein Rollstuhl Yasemins stetige Begleiter. Zu Hause hat sie noch einen Stehständer, einen Therapiesitz, ein Hustenhilfe-System, ein Sauerstoffgerät und Lagerungshilfen. Auf dem Flur entdeckt Yasemin das Therapiedreirad und bekommt leuchtende Augen. Wir heben sie aus dem Rolli und setzten sie in das Dreirad. Yasemin kann sich nicht wie andere Dreijährige bewegen. Bewegungsübergänge vom Boden in den Stand oder vom Rolli auf den Fußboden zum Beispiel kann sie alleine nicht bewältigen. Trotzdem weiß sie genau, wann sie welche Muskulatur einsetzen muss. Sie versteht die Koordination der Bewegungsübergänge und der Bewegungen. Insgesamt ist ihre geistige Entwicklung in vielen Bereichen der eines dreijährigen Kindes voraus. Ihr Können zeigt sie nun auch beim Dreiradfahren. Yasemin hat zwar wenig Kraft, so dass wir etwas anschieben müssen, aber sie kann alternierend treten, dabei lenken und klingeln. Mit gutem Raumgefühl macht sie sich auf die Reise durch den langen Flur. Ihr Ziel: der Trainingsraum. Andere Patienten und Therapeuten grüßen fröhlich. Viele kennen Yasemin schon lange und freuen sich über jeden Fortschritt. „Go, Yasemin, go!“

Am Ziel angekommen, trainiert Yasemin dann auf der Vibrationsplatte. Heute stehen die Kräftigung von Rumpfmuskulatur, Stützmuskulatur, Hüft- und Beinmuskulatur sowie Kopfkontrolle auf dem Programm. Die Mutter hilft und lässt sich für die Übungen zu Hause anleiten. Manchmal fotografiert und filmt sie als Erinnerungsstütze für die „Hausaufgaben“. Nach dem Intervalltraining auf der Vibrationsplatte fährt Yasemin fährt mit dem Dreirad zur nächsten Aufgabe in einen anderen Raum. Hier rutscht sie auf einem Sitzsack die schräge Ebene hinunter. Dabei sind Gleichgewichtssinn und die Haltungskontrolle gefordert. Am Ende der Einheit ist Yasemin rot vor Anstrengung und müde, aber glücklich.

THERAPEUTENTEAM BLANKENESE